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Je selbstverständlicher Ehen zwischen Menschen mit und ohne Migrationshintergrundwerden, desto mehr wird es auch darauf ankommen, verschiedene Kulturen und Lebensstile, aber auch verschiedene religiöse Überzeugungen nebeneinander zu respektieren. Fühlten sich viele Familien schon in konfessionsverbindenden Ehen überfordert und oft von den Kirchen allein gelassen, wenn es um die gemeinsame Taufe oder die Eucharistie ging, so ist die Unsicherheit im Blick auf Beschneidung oder Hochzeiten religionsverschiedener Paare doppelt groß. Oft werden die eigenen religiösen Bindungen und Prägungen erst in der Begegnung mit den anderen Konfessionen und Religionen wirklich bewusst. Der häufige Versuch, die religiöse Erziehung an einen der Partner zu delegieren, kann dann kaum gelingen, wenn die religiöse Muttersprache und das gesellschaftliche Umfeld nicht übereinstimmen. Eine Säkularität aber, die die Kinder von allen religiösen Wurzeln ihrer Familien abschneidet, enthält ihnen spirituelle Erfahrungen und Lebenskräfte vor, die gerade für die Beziehungen zu sich selbst und anderen Menschen Bedeutung haben. Bikulturelles Aufwachsen bietet die Chance, Rituale und Lebensdeutungen unterschiedlicher Kulturen und religiösen Lebenszusammenhänge verstehen und deuten zu können und sich auf die Suche nach einer eigenen, gestalteten Religiosität zu begeben. Gerade das Zusammenleben mit anderen Religionen erinnert die säkularisierte Gesellschaft erneut an die religiöse Prägung aller wesentlichen Lebenszusammenhänge - von den Alltagsritualen wie Tisch- und Abendgebeten bis zu Hochzeiten und Beerdigungen.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ermutigung für das Wagnis familiären Lebens

Wie dem Inhaltsverzeichnis der Orientierungshilfe unschwer entnommen werden kann, ist dieses Papier vor allem ein familienpolitisches Papier. Mehr als die Hälfte dieser Orientierungshilfe behandelt Herausforderungen und Empfehlungen für die Familienpolitik. Dies deswegen, weil wir darüber besorgt sind, dass in der Sozialpolitik unseres Landes die Stärkung der Familie keine oberste Priorität mehr einnimmt. Hier wollten wir mit der Orientierungshilfe einen Akzent setzen, deswegen auch der Untertitel der Schrift "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken".

Familie ist mehr als Vater, Mutter, Kind

Heute geht die Braut in Rot. Denn es ist ihre zweite Hochzeit. Mit Anfang fünfzig machen sie und ihr Bräutigam noch mal einen neuen Anfang - so wie viele andere Paare in ihrem Alter. Das Versprechen: Wir bleiben beieinander, bis dass der Tod uns scheidet… Mit Gottes Hilfe. Das hatten sich die meisten von ihnen schon einmal gegeben. Und dann kam das, was sie sich nie gewünscht haben: die Beziehung zerbrach. Manche hatten noch die silberne Hochzeit geschafft, aber die Goldene oder gar die Diamantene wie meine Großeltern, die ist für viele Paare heute in weite Ferne gerückt.

Kulturkampf um Ehe und Familie

Wer über Familie schreibt, schreibt über Fragen, die Menschen bis ins Tiefste treffen.
Nikolaus Schneider

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