Kritik

Die theologische Orientierung der Orientierungshilfe

Die Verantwortung dafür, dass im Titel meines Referats gleich zweimal das Substantiv „Orientierung“ vorkommt, trägt weder der Veranstalter dieses Symposiums noch ich, sondern sie ergibt sich aus den Formulierungen des Textes, über den ich sprechen soll, eben die Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“, die im Juni 2013 unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ veröffentlicht wurde.

Berliner Symposion: Suggerierte Eindeutigkeit einer komplexen Auslegung

1) "The War over the Family"1 lautet der Titel eines Buches, das die Soziologen Brigitte und Peter L. Berger veröffentlicht haben. Die Überschrift des einleitenden Kapitels lautet: "Die Familie - Ideologisches Schlachtfeld". Wer sich durch die Nachrichten über die Evangelische Kirche in Deutschland seit der Veröffentlichung der Orientierungshilfe liest, kann in der Tat den Eindruck gewinnen, wir befinden uns auf einem Schlachtfeld.

Offener Brief: Zehn Fragen an den Rat der EKD

(1) – Bitte informieren Sie über das "Instrumentarium": "Orientierungshilfe" (auch im Unterschied zur "Denkschrift"), über das "procedere" (bis hin zur Verabschiedung), über den Status von EKD-ad-hoc-Kommissionen, über deren Autorität und Legitimation, über die Verbindlichkeit solcher Verlautbarung in den verschiedenen EKD-Gliedkirchen. Es fällt auf, dass von einzelnen führenden EKD-Vertretern aufgrund der heftigen Kritik die vom Rat herausgegebene und verantwortete "Orientierungshilfe" zu einem "Diskussionspapier" herabgestuft werden soll. Was ist denn nun "Sache"?

Offene Fragen

Frau Präsidentin, hohe Synode! Angesichts der Zeitknappheit – ich sehe Ihren mahnenden Blick - möchte ich nur drei, vier Punkte klar stellen. Zunächst einmal danke ich für die Aussprache. Wir sind in einer Kirche der Freiheit, und wir werden in der Orientierungshilfe sogar zur Diskussion und zur Stellungnahme eingeladen. Das haben wir heute getan, und das finde ich richtig und in Ordnung.

Das Papier, darauf will ich noch einmal hinweisen, ist keine Denkschrift, wie es immer wieder heißt. Es ist eine Orientierungshilfe und hat dadurch natürlich auch eine andere Qualität.

Joachim Kardinal Meisner: "Beliebigkeit und Relativierung von Ehe und Familie"

Nur mit tiefem Bedauern und nicht ohne Erschütterung kann ich die Orientierungshilfe "Zwischen Autonomie und Angewiesenheit. Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken" zur Kenntnis nehmen, die der Rat der Evangelischen Kirche in Deutschland jüngst herausgegeben hat. In eklatantem Widerspruch zu seinem Titel redet dieses Papier der Beliebigkeit und Relativierung von Ehe und Familie das Wort. Dass man in der Seelsorge "gesamtgesellschaftliche Veränderungsprozesse" registriert, liegt auf der Hand.

Bischof Ulrich: Die Spannung zwischen Norm und Realität

Wo Menschen in verbindlicher, verlässlicher, liebevoller und verantwortlicher Gemeinschaft zusammenleben, werden elementare soziale und humane Fähigkeiten erlernt und gelebt. Darum ist das Thema „Familie“ wichtig, weil die Entwicklung des familiären Zusammenlebens für die Zukunft unserer Gesellschaft entscheidend ist. Familiäre Strukturen befinden sich in einem starken Wandel, der erst einmal ganz nüchtern zur Kenntnis genommen werden muss, ohne sofort Werturteile zu fällen. Unsere Kirche setzt sich dafür ein, dass das familiäre Zusammenleben geschützt, unterstützt und gestärkt wird.