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Evangelische Frauen in Deutschland e.V. begrüßen Orientierungshilfe

Die Evangelischen Frauen in Deutschland e.V. (EFiD) haben zur Debatte um das Familienpapier der EKD einen Kommentar veröffentlicht. Sie begrüßen das Votum der EKD, „Chancengleichheit und Fairness innerhalb der Familie einen entscheidenden Wert beizumessen“ und Familienpolitik als Querschnittthema zu fassen.
Veröffentlichung
Donnerstag, 26. September 2013

Im Juni 2013 legte der Rat der EKD eine Schrift vor, deren Ziel es ist, „eine evangelische Verständigung über Ehe, Familie und Partnerschaft im beginnenden 21. Jahrhundert anzuregen.“ (21) Die Schrift gliedert sich in neun Kapitel. Sie beginnt mit zusammenfassenden Thesen (1), gefolgt von zwei Kapiteln zum Familienleben heute und dem Wandel von Familie und Ehe (2&3). Das vierte Kapitel widmet sich juristischen Dimensionen von Leitbildern von Ehe und Familie (4), das fünfte bietet eine theologische Orientierung (5). Breiten Raum nimmt das sechste Kapitel zu Herausforderungen und Brennpunkten der Familienpolitik ein (6). Dazu zählen Fragen nach Zeit, der Care-Arbeit, Erziehung und Bildung, nach Generationenbeziehungen und Fürsorglichkeit, zudem Themen wie „Pflege“, „Gewalt“ und „Migration“. Das siebte Kapitel widmet sich der Familienpolitik als neuer Form sozialer Politik (7). Im achten Kapitel wird der Frage nachgegangen, wie Kirche und Diakonie Familien stark machen können (8). Die Orientierungshilfe schließt mit einer Reihe von Empfehlungen (9).

EFiD begrüßt die Orientierungshilfe, weil sie das biblische Zeugnis von der Vielfalt der Lebensformen ernst nimmt, ethische Maßstäbe setzt und weil sie die anthropologische Grundkonstante der Angewiesenheit in den Mittelpunkt rückt. Ferner ist der erweiterte Familienbegriff ebenso begrüßenswert wie die differenzierte geschlechtsspezifische Betrachtungsweise.

In der theologischen Orientierung der Orientierungshilfe hätte sich EFiD Klärungen bezüglich heteronormativer Interpretationen von bestimmten Bibelstellen gewünscht, an anderen Stellen Vertiefungen. Dies betrifft insbesondere Gen 1,27 und Mt 19, die Frage nach der theologischen Qualifizierung von Care und (damit verbunden) die vertikale Dimension der Beziehungshaftigkeit. Darüber hinaus ist zu fragen, wie auf Luthers Verständnis von Ehe als Gottes Ordnung und Stiftung („Ein göttlich Werk und Gebot“) zu antworten ist. Schließlich bleibt zu bedenken, dass sich der christliche Wert des verlässlichen, liebevollen und verantwortlichen Miteinanders auch auf Menschen bezieht, die als Singles leben.

Würdigung

Vielfalt

Die Orientierungshilfe nimmt das biblische Zeugnis von der Vielfalt der Lebensformen ernst, wenn sie konstatiert, „dass die Bibel im Alten und Neuen Testament das familiale Zusammenleben in einer großen Vielfalt beschreibt.“ Die Orientierungshilfe nennt Konstellationen wie bei „Abraham, Sarah und Hagar mit ihren Kindern, zusammenlebende Geschwister wie bei Maria und Martha und tragende Beziehungen zwischen Familienmitgliedern verschiedener Generationen wie bei Rut, Orpa und Noomi. Von den vielfältig beschriebenen Formen des Zusammenlebens sind aus heutiger Sicht einige leichter, andere schwerer nachvollziehbar: Die gleichzeitige Sorge eines Mannes für zwei Frauen und ihre Kinder wie bei Jakob mit Lea und Rahel erscheint heute vielleicht weniger befremdlich als noch unserer Eltern- oder Großeltern-Generation, dagegen können wir den Druck auf Frauen, Mutter eines ‚Stammhalters’ zu werden, immer weniger nachvollziehen“ (56f.)

EFiD folgt der Orientierungshilfe, wenn sie schreibt: „Ein Verständnis der bürgerlichen Ehe als ‚göttliche Stiftung‘ und der vorfindlichen Geschlechter-Hierarchie als Schöpfungsordnung entspricht weder der Breite biblischer Tradition noch dem befreienden Handeln Jesu, wie es die Evangelien zeigen“ (59).

Deutlich und detailliert erfasst die Orientierungshilfe auch die teilweise gänzlich unterschiedlichen Entwicklungen von und Haltungen zu Familie in der BRD und der DDR.

Wendung zur Ethik

Die Orientierungshilfe hebt nicht traditionelle Ordnungen um ihrer selbst willen hervor, sondern ethische Werte, von der die Bibel getragen ist. „Durch das biblische Zeugnis hindurch klingt als ‚Grundton’ vor allem der Ruf nach einem verlässlichen, liebevollen und verantwortlichen Miteinander, nach einer Treue, die der Treue Gottes entspricht.“ (66) Gerechtigkeit steht in Mittelpunkt: Der Orientierungshilfe geht es um „an Gerechtigkeit orientierte Familienkonzeptionen“ (68), die sich auf den Umgang Jesu mit rechtlosen Frauen und mit unmündigen Kindern berufen. (68)

Diese Werte einer christlichen Ethik stellen den Maßstab dar, an dem sich jede Beziehung messen lassen muss. Folglich ist eine Ungleichwertigkeit beispielsweise gleichgeschlechtlicher Partnerschaften theologisch nicht haltbar: „Liest man die Bibel von dieser Grundüberzeugung her, dann sind gleichgeschlechtliche Partnerschaften, in denen sich Menschen zu einem verbindlichen und verantwortlichen Miteinander verpflichten, auch in theologischer Sicht als gleichwertig anzuerkennen.“ (66)

"Von Anfang an ist der Mensch angewiesen auf die Zuwendung derer, die schon vorher da waren"

Die Orientierungshilfe macht deutlich, dass es um Inhalte geht: „[...] Die Form, in der Familie und Partnerschaft gelebt werden, [darf] nicht ausschlaggebend sein. Alle familiären Beziehungen, in denen Menschen sich in Freiheit und verlässlich aneinander binden, füreinander Verantwortung übernehmen und fürsorglich und respektvoll miteinander umgehen, müssen auf die Unterstützung der evangelischen Kirche bauen können.“ (141)

Daraus wird deutlich, dass das Leben mit Kindern, (zuweilen als die „Weitergabe des Lebens“ bezeichnet) in einer Ehe kein anderes Gewicht als in eingetragenen Lebenspartnerschaften besitzt.

Anthropologie

Schon der Titel der Orientierungshilfe benennt eine anthropologische Grundkonstante: Die Angewiesenheit der Menschen aufeinander. „Menschsein gestaltet sich von Anfang bis Ende in Beziehungen, wir werden am Du erst zum Ich und bleiben aufeinander angewiesen.“ (61) Das Angewiesensein wird nicht als Gegensatz zu Freiheit verstanden, „sondern setzt erst viel von dem frei, was unsere Person ausmacht.“ (62) Ein Echo dieser Anthropologie findet sich in der feministischen Theologie der Geburtlichkeit, die darin gründet, dass jeder Mensch als gänzlich abhängiger Säugling ins Licht der Welt kommt. Von Anfang an ist er oder sie angewiesen auf die Zuwendung derer, die schon vorher da waren.

„Die sogenannte Selbständigkeit ist eine fragile Zwischenstufe im menschlichen Leben. Sie ist nicht das Gegenteil von Abhängigkeit, sondern ein relativ geringer Grad von Abhängigkeit. Im Alter oder durch Krankheit, Behinderung oder Unfall nimmt die Selbständigkeit wieder ab oder geht verloren. Sie ist also keineswegs der Normalzustand, von dem wir sinnvollerweise ausgehen, wenn wir uns selbst denken.“ (Ina Praetorius) „Freiheit“ bedeutet nicht, sich von Bezogenheit und Bedürftigkeit abzulösen. Freiheit bedeutet, dass Menschen als bedürftige und verletzliche, geborene und sterbliche Wesen „das Neue, das in die Welt kam, als sie geboren wurden, handelnd als einen neuen Anfang in das Spiel der Welt ... werfen.“ (Hannah Arendt)

Erweiterter Familienbegriff

Der Orientierungshilfe liegt ein erweiterter Familienbegriff zugrunde, sie definiert Familie als „Eltern (ein Elternteil oder zwei) mit ihren leiblichen, Adoptiv- oder Pflegekindern, vielleicht erweitert um eine Großelterngeneration. Familie, das sind aber auch die sogenannten Patchwork-Familien, [...] das kinderlose Paar mit der hochaltrigen, pflegebedürftigen Mutter und das gleichgeschlechtliche Paar mit den Kindern aus einer ersten Beziehung.“ (22) Damit trägt sie der Tatsache Rechnung, dass Menschen in ganz unterschiedlicher Weise Familie wertschätzen und leben. Implizit spricht die Orientierungshilfe damit auch Menschen an, die als Singles leben und in vielfältigen Beziehungen verantwortlich Sorgearbeit leisten.

Gender

In der Darstellung des Familienlebens werden die genderspezifischen Aspekte angemessen beschrieben. Dabei wird im Hinblick auf die Herausforderungen und Brennpunkten der Familienpolitik die Diskriminierung von Frauen deutlich benannt: Frauen sind es, die „in jedem Fall die Hauptlast der Haus- und Sorgearbeit“ (77) tragen. Die Orientierungshilfe kritisiert Altersarmut von Frauen (80) ebenso wie die Pflege als Frauendomäne (106) und Frauen als Opfer von Gewalt (113).

Zur theologischen Argumentation

1. Gen 1 und Mt 19

Die Orientierungshilfe beginnt ihre theologische Orientierung mit Bibelstellen, die traditionell mit der Konstruktion der Ehe als gottgewollter Institution verknüpft werden: Gen 1,27 und Mt 19,6. Diese Stellen werden in der Trauliturgie als „Belegstellen“ verwendet (55), und die Orientierungshilfe versäumt es, deren herrschaftskritischen Impetus zu verdeutlichen.

In Gen 1 geht es nicht um die Erschaffung zweier aufeinander hin geordneter Geschlechter, sondern um die Menschheit, die geschaffen wird von männlich bis weiblich, als Vielfalt von Menschen also, die gemeinsam Verantwortung übernehmen sollen. Die „Bibel in gerechter Sprache übersetzt Gen 1,27: ‚Da schuf Gott Adam, die Menschen, als göttliches Bild, als Bild Gottes wurden sie geschaffen, männlich und weiblich hat er, hat sie, hat Gott sie geschaffen.’ Das Wort Adam kann ‚Mensch’ oder ‚Menschheit’ bedeuten. Hier bezeichnet es einen Plural, hat also die Bedeutung ‚Menschheit’. Eine Vielfalt wird geschaffen. Eine Vielfalt wird charakterisiert durch die Geschlechter ‚männlich’ und ‚weiblich’. Eine Vielgestalt soll zu einer Einheit werden, Bild des Einen Gottes. Das ist das Projekt der Schöpfung. Liebesgeschichten spielen dabei eine wichtige Rolle, doch zunächst steht etwas anderes im Vordergrund. In der Antike beanspruchte der König mit dem Titel ‚Bild Gottes’ Gott zu repräsentieren und an Stelle Gottes zu herrschen. Es geht um Weltregiment und Weltgestaltung! Schon bevor die Menschen die Bühne betreten hören wir Gottes Plan, Menschen zu machen ‚als unser Bild, etwa in unserer Gestalt. Sie sollen herrschen […] über die ganze Erde’ (1,26). Eine revolutionäre Geschichte wird erzählt. Der Titel ‚Bild Gottes’ wird allen Menschen verliehen. Die Bibel enteignet den Herrschaftsanspruch weniger und spricht die Regierungsverantwortung allen zu. Dadurch wird die Herrschaft von Menschen über Menschen ausgeschlossen.“ (Klara Butting: Kirche im Schussfeld, in: Junge Kirche, 3/2013, S. 38.) Als Nachfolgegemeinschaft von Gleichgestellten sollen Menschen die Welt gestalten und Fürsorge übernehmen.

"Nicht Geschlechterdifferenz (und schon gar nicht die Ehe) ist eine theologisch qualifizierte Kategorie, sondern Gerechtigkeit – ein Begriff, der die Orientierungshilfe der EKD maßgeblich prägt"

Die Orientierungshilfe bezieht sich ferner auf Mt 19,6 (55): „Was nun Gott zusammengefügt hat, das soll der Mensch nicht scheiden“. Auch hier wird der gängigen Lesart, die auf die Göttlichkeit der Institution Ehe zielt, nicht widersprochen. Prof. Klara Butting erläutert zu diesem Jesuswort: „Das Schöpfungsprojekt, dass Menschen sich einigen und Einigkeit auf Erden gestalten sollen, erfüllt sich, wenn ein Mann und eine Frau zusammen leben. Kein Mensch soll deshalb störend dazwischen treten. Doch die Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau ist nicht die einzige Form, in der die Schöpfungsvision von versöhnter Gemeinschaft gelebt wird.

Paulus z.B. redet anders. Dabei liest auch er in der Schöpfungsgeschichte, dass Gott mit der Erschaffung der Menschen eine Geschichte der Versöhnung eröffnet hat, die auf die Einigung von „männlich und weiblich“ zielt. Doch diese Versöhnung erfülle sich laut Paulus nicht in der Ehe. Er zitiert die Schöpfungsgeschichte wenn er an die Gemeinden Galatiens schreibt: In Christus – ‚da gibt es keine Juden und Jüdinnen oder Griechinnen und Griechen, da gibt es keine Sklavinnen und Sklaven oder Freie, da gibt es nicht männlich und weiblich. Denn alle seid ihr eins - in Christus Jesus’ (Gal 3,28). Die Schöpfung Gottes ‚männlich und weiblich’ wird zitiert und ihre Bestimmung wird erinnert. Sie zielt auf: ‚nicht mehr männlich und weiblich, sondern eins’. Diese Einheit, auf die Gott in der Schöpfung aus ist, erfüllt sich nach Paulus dort, wo Menschen in der Nachfolge Jesu aus Gewaltverhältnissen aussteigen und neue egalitäre Gemeinschaftsformen erproben. Paulus hat erlebt, dass in der Nachfolge Jesu grenzüberschreitende Gemeinschaft entstanden ist. Freie Frauen und Männer haben mit Sklavinnen und Sklaven Brot geteilt. Juden und Jüdinnen haben von Leuten aus den Völkern Akzeptanz erfahren, und die Geschlechterdifferenz bestimmt nicht Lebenswege und Lebensplanung.“ (Ebd., S. 39.) Nicht Geschlechterdifferenz (und schon gar nicht die Ehe) ist eine theologisch qualifizierte Kategorie, sondern Gerechtigkeit – ein Begriff, der die Orientierungshilfe der EKD maßgeblich prägt.

2. Gottesbild

Die Orientierungshilfe benennt Angewiesenheit und Beziehungshaftigkeit als anthropologische Grundkonstanten, lässt aber die vertikale Ebene unbenannt: Der Gott der Bibel ist ein Gott in Beziehung, das DU, das angesprochen wird, das mitgeht, befreit und ringt um ihr Volk. Die Trinität ist von ihrer Grundstruktur her beziehungshaft. Jesus tritt in Beziehung mit Menschen, berührt sie, und die göttliche dynamis wirkt Veränderung und Befreiung. Im Glaubensbekenntnis und im Credo ist diese Beziehungshaftigkeit Gottes bewahrt: Vor aller Allmacht und Herrlichkeit ist Gott zuerst Familie.
Den Vers „Es ist nicht gut, dass der Mensch allein sei“ bezieht die Orientierungshilfe auf die zwischenmenschliche Ebene. Auch hier bleibt die Vertikale unbenannt: Der Mensch braucht Gott – und die Ewige braucht ihn.

3. Theologische Qualifizierung von Care

Die Orientierungshilfe wertet Hausarbeit, Erziehung sowie Pflegetätigkeiten auf und bezeichnet sie als sinnerfüllte Tätigkeit. Care-Arbeit ist „Sorge für die Welt“ (85). Fürsorglichkeit bezeichnet laut der Orientierungshilfe eine ethische Kategorie, die „Maßstab [sein kann] für eine demokratische und soziale Praxis“. (87) An anderer Stelle benennt die Orientierungshilfe „Care als Menschenrecht“ (130). Was sie nicht benennt, ist die biblische Dimension von Care: An vielen Stellen der Bibel erscheint Gott als der Sorgende und Fürsorgliche. Im Hosea-Buch wendet Gott sich dem „Sohn“ Israel zu und erinnert an die liebevolle Fürsorge, die er ihm angedeihen ließ (Hos 11,9), in den Psalmen erscheint Gott als Nährerin (Ps 34,9) und bei Jesaja als Tröster/in (Jes 66,13). Im Neuen Testament ist Nächstenliebe auch Fürsorge, die Frauen wie Männern (der barmherzige Samariter, Lk 10) aufgegeben ist.

4. Luthers Eheverständnis

In der Orientierungshilfe heißt es, die EKD würdige „die Rechtsform der Ehe als besondere ‚Stütze und Hilfe’“ (70), „die sich auf Verlässlichkeit, wechselseitige Anerkennung und Liebe gründet“ (143). Im theologischen Teil heißt es zur reformatorischen Lehre: „Bei aller Hochschätzung als ‚göttlich Werk und Gebot’ erklärte Martin Luther die Ehe zum ‚weltlich Ding’, das von den Partnern gestaltbar ist und gestaltet werden muss. [...] Die Ehe ist also für die evangelische Kirche kein Sakrament wie Taufe und Abendmahl; sie ist nicht von Jesus selbst eingesetzt und ist keine absolut gesetzte Ordnung, auch wenn wir uns ihre lebenslange Dauer wünschen.“ (63) Umgangen wird an dieser Stelle die theologische Auseinandersetzung mit der Tatsache, dass Luther zwar die Ehe kirchlicher Bevormundung entzieht, sie jedoch für ihn Gottes Ordnung und Stiftung darstellt: Die Ehe ist „der allgemeinste, edelste Stand, der durch den ganzen Christenstand, ja durch alle Welt geht und reicht“ (GrK zum 6. Gebot).

Dieser edle Stand umfasste Pflichttugenden in einem christlichen Haushalt – und weder Treue noch Monogamie zählten nach Luther zu diesen Tugenden. Auch ging es bei den Pflichten nicht um die partnerschaftliche, persönliche Liebe, sondern um objektiv durch Gottes Anordnung gegebene Verhaltensweisen. Für Luther bestand kein Zweifel darin, dass es zu den Pflichten der Männer gehörte, die Frauen zu regieren. Das heißt: Das reformatorische Eheverständnis sah unter anderem die Unterordnung der Frau unter den Mann vor und beschränkte ihren Wirkungskreis auf den familiären Bereich. Jahrhunderte lang propagierte und zementierte man dieses Unterordnungsverhältnis beispielsweise durch Trauformulare, in denen die neutestamentliche Haustafelethik des Kolosser- oder Epheserbriefes (Kol 3,18-4,1, Eph 5,22-6,9) zitiert wurde. Wenn folglich heute, wenn es um eine im Glauben verantwortete Beziehungsgestaltung geht, auf Luthers Eheverständnis rekurriert wird, kann diese Machtasymmetrie nicht übersehen werden.

Fazit

EFiD begrüßt den mutigen Schritt des Rats der EKD, zu der Vielfalt der Lebensformen in der Gesellschaft in einer Weise Stellung zu nehmen, die biblisch-ethisch begründet ist und das Leitbild der an Gerechtigkeit orientierten Familienkonzeptionen benennt. EFiD begrüßt ferner das Votum der EKD, „Chancengleichheit und Fairness innerhalb der Familie einen entscheidenden Wert beizumessen“ (68) und Familienpolitik als Querschnittthema zu fassen (129).

In der Zukunft wird neben der Auseinandersetzung mit den sozialpolitischen Analysen und Forderungen der Orientierungshilfe auch die Frage des Eheverständnisses der Evangelischen Kirche von Bedeutung sein.

Bezüge zum Familienpapier: