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Ein entscheidender Impuls für diese veränderte Rechtsauffassung liegt in der Weiterentwicklung des Antidiskriminierungsrechts der Europäischen Union. Danach darf die „sexuelle Ausrichtung“ nicht Grund für eine ungleiche Behandlung sein (Art. 10, 19 AEUV, EG-Richtlinie 2000/78 sowie nach Art. 21 Abs. 1 der Charta der Grundrechte der EU). Diese allgemeinen Zielbestimmungen sind durch mehrere EU-Richtlinien zu Antidiskriminierung konkretisiert und in Deutschland durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) seit 2006 umgesetzt worden. Lebenspartner dürfen danach nicht gegenüber Ehepartnern wegen ihrer sexuellen Orientierung - § 1 AGG spricht von „sexueller Identität“ - benachteiligt werden. Obwohl die Europäische Union keine Rechtssetzungskompetenz für das Familienrecht der Mitgliedsstaaten hat, begründet das Antidiskriminierungsrecht weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung des nationalen Sozial- und Arbeitsrechts. Deutschland hat mit dem Institut der eingetragenen Lebenspartnerschaften eine der Ehe „vergleichbare Situation“ geschaffen, indem Lebenspartner wie Ehegatten einander zur Fürsorge und zum Unterhalt verpflichtet sind. Daher müssen Ehe- und Lebenspartner gegenüber sozialen Risiken, wie z.B. in der Hinterbliebenenversorgung, gleich behandelt werden (EuGH v. 1.4.2008; EuGH v. 10.5.2011).