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Liebe gilt als die intensivste persönliche und exklusive Beziehung zwischen zwei Menschen, und sie wird gerade in einer erfüllten sexuellen und erotischen Beziehung auch so erfahren. Das kann sich mit der Rechtsgestalt von Ehe und Familie reiben - sei es, dass die Ehe die Liebe erstickt, wie es vergangene Generationen angesichts der faktischen Unmöglichkeit, sich zu trennen, erfahren haben, oder sei es, weil Liebesbeziehungen sich in der Rechtsordnung nur unzureichend abbilden, wie es homosexuelle Paare immer noch erleben. Die letzten Jahrzehnte haben anschaulich gezeigt, wie sich das Recht unter gesellschaftlichen Veränderungen und dem Mentalitätswandel selbst verändert. Heute erscheinen die Institutionen Ehe und Familie nicht mehr als unveränderliche Ordnung, vielmehr sind sie eine Gestalt unseres Zusammenlebens, die Verbindlichkeit und Verlässlichkeit ermöglicht. Mit der zunehmenden Individualisierung und dem Strukturwandel der Familie in den letzten Jahrzehnten wurden die Rechte von Frauen und Kindern gestärkt. Diese Entwicklung ist jedoch nicht als Bedrohung oder Zerfall der Familie zu begreifen. Vielmehr geht es darum, die partnerschaftliche Familie zum Leitbild zu erheben und Chancengleichheit und Fairness innerhalb der Familie einen entscheidenden Wert beizumessen (Gerhard 2009). Denn die Erfahrung zeigt, dass Liebesbeziehungen, die auf der wechselseitigen Anerkennung als Partner mit gleichen Rechten und Pflichten beruhen, erst jene Stabilisierung bieten, die „die Ebbe und Flut der Zuneigung aushalten können“ (Kleingeld/Anderson 2008, 29). An Gerechtigkeit orientierte Familienkonzeptionen kritisieren ein Liebesideal, das auf „unfairen“ bzw. „ungleichen Chancen für die Einzelnen“ (Rawls 1979, 94 u. 555) beruht. Sie können sich dabei auf den Umgang Jesu mit rechtlosen Frauen und mit unmündigen Kindern berufen.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ermutigung für das Wagnis familiären Lebens

Wie dem Inhaltsverzeichnis der Orientierungshilfe unschwer entnommen werden kann, ist dieses Papier vor allem ein familienpolitisches Papier. Mehr als die Hälfte dieser Orientierungshilfe behandelt Herausforderungen und Empfehlungen für die Familienpolitik. Dies deswegen, weil wir darüber besorgt sind, dass in der Sozialpolitik unseres Landes die Stärkung der Familie keine oberste Priorität mehr einnimmt. Hier wollten wir mit der Orientierungshilfe einen Akzent setzen, deswegen auch der Untertitel der Schrift "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken".

Familie ist mehr als Vater, Mutter, Kind

Heute geht die Braut in Rot. Denn es ist ihre zweite Hochzeit. Mit Anfang fünfzig machen sie und ihr Bräutigam noch mal einen neuen Anfang - so wie viele andere Paare in ihrem Alter. Das Versprechen: Wir bleiben beieinander, bis dass der Tod uns scheidet… Mit Gottes Hilfe. Das hatten sich die meisten von ihnen schon einmal gegeben. Und dann kam das, was sie sich nie gewünscht haben: die Beziehung zerbrach. Manche hatten noch die silberne Hochzeit geschafft, aber die Goldene oder gar die Diamantene wie meine Großeltern, die ist für viele Paare heute in weite Ferne gerückt.

Kulturkampf um Ehe und Familie

Wer über Familie schreibt, schreibt über Fragen, die Menschen bis ins Tiefste treffen.
Nikolaus Schneider

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