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Sorge für andere, Caring, ist somit als eine menschliche Aktivität zu betrachten, „die alles einschließt, was wir tun, um unsere >Welt< zu erhalten, fortzusetzen und zu reparieren, sodass wir in ihr so gut wie möglich leben können“ (Tronto 2000). Diese Charakterisierung zeigt, dass sich Fürsorglichkeit nicht notwendig auf familiäre Zusammenhänge beschränken sollte, fürsorgliche Verantwortungszusammenhänge bestehen auch in Freundschaft, Nachbarschaft und Vereinen; Fürsorglichkeit kann Maßstab für eine demokratische und soziale Praxis sein. Dennoch wird sie vorwiegend im Privatraum der Familie geübt und erfahren und kann von denen, die sorgen, sowie von denen, die Fürsorge empfangen, als Bereicherung empfunden werden. Mit symbolischer oder rhetorischer Anerkennung dieser Tätigkeiten, aber auch mit Bezahlung oder sozialpolitischer Kompensation allein ist es nicht getan, vielmehr wird es notwendig sein, fürsorgliche Praxis in Familie und Beruf zu ermöglichen und unter den Beteiligten, Männern und Frauen, gerechter zu teilen. Hierzu genügt es nicht, nur zu einer neuen Arbeitsteilung zwischen den Geschlechtern zu kommen, wesentlich ist auch, dass der Begriff von „Arbeit“, der unsere Gesellschaft prägt, in Zukunft nicht nur Erwerbsarbeit, sondern auch Sorgearbeit und bürgerschaftliches Engagement einschließt. Dabei kann sich die evangelische Kirche am reformatorischen Verständnis von Beruflichkeit orientieren, das Handwerk und Landwirtschaft, Handel wie Hausarbeit und damit bezahlte und unbezahlte Arbeit umfasst.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ermutigung für das Wagnis familiären Lebens

Wie dem Inhaltsverzeichnis der Orientierungshilfe unschwer entnommen werden kann, ist dieses Papier vor allem ein familienpolitisches Papier. Mehr als die Hälfte dieser Orientierungshilfe behandelt Herausforderungen und Empfehlungen für die Familienpolitik. Dies deswegen, weil wir darüber besorgt sind, dass in der Sozialpolitik unseres Landes die Stärkung der Familie keine oberste Priorität mehr einnimmt. Hier wollten wir mit der Orientierungshilfe einen Akzent setzen, deswegen auch der Untertitel der Schrift "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken".

Familie ist mehr als Vater, Mutter, Kind

Heute geht die Braut in Rot. Denn es ist ihre zweite Hochzeit. Mit Anfang fünfzig machen sie und ihr Bräutigam noch mal einen neuen Anfang - so wie viele andere Paare in ihrem Alter. Das Versprechen: Wir bleiben beieinander, bis dass der Tod uns scheidet… Mit Gottes Hilfe. Das hatten sich die meisten von ihnen schon einmal gegeben. Und dann kam das, was sie sich nie gewünscht haben: die Beziehung zerbrach. Manche hatten noch die silberne Hochzeit geschafft, aber die Goldene oder gar die Diamantene wie meine Großeltern, die ist für viele Paare heute in weite Ferne gerückt.

Kulturkampf um Ehe und Familie

Wer über Familie schreibt, schreibt über Fragen, die Menschen bis ins Tiefste treffen.
Nikolaus Schneider

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