74

Kinder wollen lernen. Sie lernen von Erwachsenen, aber mindestens ebenso viel von anderen Kindern. Noch bis in die Mitte des vorigen Jahrhunderts geschah dies im und um das Haus, auf der Dorfstraße oder im Stadtquartier. Heute leben Familien jedoch in der Regel mit weniger Kindern und oft in einer Umgebung, die die Bedürfnisse von Kindern nicht berücksichtigt (mit gefährlichen Straßen, wenigen Überwegen und ohne Spielplätze und Raum für Fußgänger und Radfahrer). Der Ort für eigenständige Gruppenerfahrungen ist heute die Kinderkrippe und die Kindertagesstätte. Bei den über Dreijährigen besuchen 95% aller Kinder eine Betreuungseinrichtung, bei den Zweijährigen ist es mehr als ein Drittel mit steigender Tendenz. Auffällig sind hier große Unterschiede je nach Region (Ost - West, Stadt - Land, vgl. Bildungsbericht 2012). Inzwischen ist unstrittig, dass der Besuch einer Kindertagesstätte und das Zusammensein mit Gleichaltrigen bzw. in jahrgangsgemischten Gruppen der Entwicklung förderlich sind. Dass dies auch für Jüngere, unter Dreijährige gilt, ist - vor allem in den alten Bundesländern - noch nicht in gleicher Weise akzeptiert. Studien belegen jedoch, dass auch unter dreijährige Kinder - unter der Voraussetzung qualitätsvoller Einrichtungen - von außerhäuslichen Bildungs- und Erziehungsangeboten profitieren, umso mehr, wenn sie aus bildungsbenachteiligten Familien kommen (vgl. NUBBEK 2012). Bis 2013 sollen für ein Drittel der unter Dreijährigen genügend Plätze geschaffen worden sein. Schon dieses Ziel wird angesichts des bisherigen Ausbautempos nur mit Mühe erreicht werden; allerdings hat sich in den letzten Jahren gezeigt, dass die Nachfrage die ursprüngliche Planung bei Weitem übersteigt, und es ist damit zu rechnen, dass dieser Prozess weitergeht.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ermutigung für das Wagnis familiären Lebens

Wie dem Inhaltsverzeichnis der Orientierungshilfe unschwer entnommen werden kann, ist dieses Papier vor allem ein familienpolitisches Papier. Mehr als die Hälfte dieser Orientierungshilfe behandelt Herausforderungen und Empfehlungen für die Familienpolitik. Dies deswegen, weil wir darüber besorgt sind, dass in der Sozialpolitik unseres Landes die Stärkung der Familie keine oberste Priorität mehr einnimmt. Hier wollten wir mit der Orientierungshilfe einen Akzent setzen, deswegen auch der Untertitel der Schrift "Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken".

Familie ist mehr als Vater, Mutter, Kind

Heute geht die Braut in Rot. Denn es ist ihre zweite Hochzeit. Mit Anfang fünfzig machen sie und ihr Bräutigam noch mal einen neuen Anfang - so wie viele andere Paare in ihrem Alter. Das Versprechen: Wir bleiben beieinander, bis dass der Tod uns scheidet… Mit Gottes Hilfe. Das hatten sich die meisten von ihnen schon einmal gegeben. Und dann kam das, was sie sich nie gewünscht haben: die Beziehung zerbrach. Manche hatten noch die silberne Hochzeit geschafft, aber die Goldene oder gar die Diamantene wie meine Großeltern, die ist für viele Paare heute in weite Ferne gerückt.

Kulturkampf um Ehe und Familie

Wer über Familie schreibt, schreibt über Fragen, die Menschen bis ins Tiefste treffen.
Nikolaus Schneider

Seiten