34
Die Familienrechtsreform, die am 1.1.2008 in Kraft getreten ist, hat schließlich mit ihren Neuregelungen im Unterhaltsrecht die Bedeutung der Ehe für die Verantwortungsgemeinschaft Familie rechtspolitisch weiter geschwächt und die Verpflichtung zu „nachehelicher Solidarität“ zeitlich begrenzt. Stattdessen wurde der Grundsatz der „Eigenverantwortung der Ehegatten“ in den Vordergrund gerückt (§ 1569 BGB). Die eigenständige Existenzsicherung soll die Regel sein. Beide Ehepartner haben seitdem verstärkt die Pflicht, nach einer Scheidung für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Nacheheliche Unterhaltsansprüche des ökonomisch schwächeren Ehegatten, in der Regel nach wie vor der Frau, können mehr als bisher zeitlich befristet bzw. herabgesetzt werden (§ 1578 b BGB, vgl. BT-Drs. 16/1830 S. 16). Gleichzeitig wird aber die Pflicht, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben, betont (§§ 1573, 1574 BGB). Diese Verpflichtung kann auch bedeuten, eine Erwerbstätigkeit auszuüben, die unter dem Ausbildungsniveau liegt. Damit kann Müttern oder Vätern, die ihre Erwerbstätigkeit zugunsten der Familienvorsorge zurückgestellt haben, anders als bisher, auch ein sozialer Abstieg zugemutet werden. Da die Neuregelung des Unterhaltsrechts grundsätzlich auch die vor der Reform von 2008 geschlossenen und geschiedenen Ehen betrifft, die, bisher durch Gesetze und sozialpolitische Rahmenbedingungen gestützt, Lebensentwürfe mit geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung praktiziert haben, kann das neue Recht bei allen, die keine angemessene Beschäftigung finden, zu harten Einschnitten in gesichert geglaubte Rechtspositionen führen. Damit verletzt diese Neuregelung den üblichen rechtlichen Vertrauensschutz. Die neue Rechtslage sollte jungen Menschen klar sein, wenn sie sich für diese Lebensform mit traditioneller Arbeitsteilung entscheiden.