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Angesichts der Vielfalt biblischer Bilder und der historischen Bedingtheit des familiären Zusammenlebens, bleibt entscheidend, wie Kirche und Theologie die Bibel auslegen und welche Orientierung sie damit geben. Über lange Zeit hat die Kirche (nicht nur mit ihren Trauagenden) eine Vorstellung der Ehe als Schöpfungsordnung vermittelt, die der Natur des Menschen eingeschrieben sei. Damit begründete man auch die über lange historische Zeiträume geltende Geschlechter-Hierarchie, die sich in den biblischen Schöpfungsberichten spiegelt. Entsprechend prägte die Vorstellung des Familienvaters als Oberhaupt der Familie auch die Rechtssetzung. Einige biblische Texte übertragen die Gottesbeziehung zu seinem Volk, die Macht des Gottvaters gegenüber seiner Schöpfung oder das Verhältnis von Christus zur Kirche auf die Beziehung zwischen Mann und Frau. Die Dominanz des Mannes, die sich darin abbildet, erschien lange selbstverständlich. Das Besondere an diesen Texten ist aber, dass sie von einer großen, geradezu eifersüchtigen Liebe erzählen, wie die Propheten es tun, und - wie die Pastoralbriefe - die fürsorgliche Zuwendung zu Frauen und Kindern in den Mittelpunkt rücken.