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Andererseits erleben auch Pflegende, dass sie von Pflegebedürftigen körperlich oder verbal angegriffen werden. In der oben erwähnten Studie gaben zwei Drittel der 503 befragten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der ambulanten Dienste an, innerhalb der letzten zwölf Monate mindestens einmal körperliche Gewalt, verbale Aggression oder sexuelle Belästigungen seitens Pflegebedürftiger erfahren zu haben. Die Grenzen zwischen Opfer und Täter sind oft fließend. Gewalthandlungen in der Pflege sind dann vermehrt zu beobachten, wenn wechselseitige Abhängigkeiten zwischen Opfer und Täter bestehen, wenn es an Distanzierungsmöglichkeiten mangelt und soziale Isolation vorliegt und Unterstützung fehlt. Ohne eine Entlastung und Honorierung, Beratung und Begleitung der pflegenden Angehörigen wird die Gewalt in der Pflege angesichts des sich heute schon abzeichnenden Pflegebedarfs in den nächsten Jahren eher zu- als abnehmen.