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Seit fast zehn Jahren macht das Thema Vernachlässigung von Kindern Schlagzeilen. Gemeint ist körperliche Vernachlässigung durch Mängel in Ernährung, Pflege, Kleidung, Beaufsichtigung und gesundheitliche Fürsorge sowie eine emotional-seelische Vernachlässigung durch mangelnde Zuwendung, Förderung oder instabile Beziehungen. Grundsätzlich gilt: Je jünger die betroffenen Kinder sind und je tiefgreifender sie vernachlässigt werden, umso größer ist das Risiko nachhaltiger Schädigung. Gerade Kinder unter drei Jahren, aber auch Kinder mit Behinderungen sind in besonderem Maße auf Schutz, Fürsorge und Förderung angewiesen; sie waren bislang zu wenig im Blickpunkt von öffentlicher Betreuung, Jugendhilfe und Gesundheitsfürsorge. Dies unterstreicht die Notwendigkeit für den weiteren Ausbau der „Frühen Hilfen“, die eine systematische Vernetzung der Gesundheitsdienste (Hebammen, Kinderärztinnen und Kinderärzte, Kinderkliniken) und Jugendhilfe (Jugendamt und freie Träger) vorsehen. Das Versagen bei der Erziehung und Betreuung von Kindern kann nicht allein den Eltern angelastet werden. Fehlende familienunterstützende sozio-ökonomische Rahmenbedingungen und prekäre Lebenslagen haben negative Auswirkungen auf gelingende Erziehung. Leider sind auch im neuen Bundeskinderschutzgesetz (seit 2012 in Kraft) keine verbindlichen Regelungen für Maßnahmen der Familienbildung - und damit der Prävention und niedrigschwelligen Hilfe - vorgesehen.