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Zusammenfassend zeigen diese Trends zum Familienleben in Deutschland, dass Pauschaldiagnosen von „Familie heute“ ein unvollständiges Bild zeichnen. Entgegen mancher Krisenszenarien, die vom Zerfall der Familie oder verschärfter „Individualisierung“ sprechen, ist bei längerfristiger Analyse eine erstaunliche Kontinuität festzustellen. Wie in der Familiensoziologie betont wird, liegt der Prozentsatz der Kinder, die bis zum 18. Lebensjahr bei beiden Eltern aufwachsen, gegenwärtig höher oder genauso hoch wie in den Kriegs- und Nachkriegszeiten des 20. Jahrhunderts, in denen die Väter nicht aus dem Krieg heimkehrten und Familien auseinandergerissen wurden. Lediglich im Vergleich mit den 1950er Jahren, in denen die Klein- oder Kernfamilie als Leitbild einer wiedergewonnenen Normalität galt, haben sich die privaten Lebensformen verändert. Gleichwohl kann nicht von einer Erosion der Familienbeziehungen gesprochen werden. Offenbar hat vielmehr die vorangegangene Kriegs- und Unheilserfahrung dazu geführt, dass diese Zeit als „heile Familienwelt“ idealisiert wird. Wenn man jedoch berücksichtigt, dass der Anteil der Kinder, die in Heimen und anderen Einrichtungen untergebracht waren oder sind, seitdem deutlich zurückgegangen ist, lässt sich heute sogar von einer Familiarisierung des kindlichen Aufwachsens in unserer Gesellschaft sprechen.

Wie Familie gelebt wird, hängt also nicht nur von Milieu und Lebensstil der einzelnen Familien ab, sondern auch von historischen, sozialen und politischen Rahmenbedingungen. Das zeigt nicht zuletzt die unterschiedliche Entwicklung der Lebensmuster, Alltagspraktiken und Familienmodelle seit den 1970er Jahren in Ost- und Westdeutschland, die wohl allen Bürgerinnen und Bürgern nach der Wende bewusst geworden sind. Dazu gehören auch die zeit- und systembedingten Vorstellungen von den jeweils den Geschlechtern zugewiesenen Aufgaben, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, der Unterstützung durch Tageseinrichtungen für Kinder, von „guter“ Mutter- und Vaterschaft, von Kindheit oder Großelternschaft, die sich in den letzten Jahrzehnten deutlich verändert haben.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ist die Ehe ein Auslaufmodell? Soziologische und theologische Überlegungen

Dass die EKD-Orientierungshilfe zur Familie eine solch intensive Debatte ausgelöst hat, wird man nur begrüßen können. Die kulturellen Wandlungen in Ehe und Familie in den letzten 60 Jahren sind immens. Beide Institutionen verstehen sich nicht mehr von selbst und bedürfen deshalb der Reflexion. Wenn ich die Reaktionen auf die Orientierungshilfe betrachte, wird deutlich, dass man idealtypisch zwei unterschiedliche Rezipientengruppen differenzieren kann.

Die theologische Orientierung der Orientierungshilfe

Die Verantwortung dafür, dass im Titel meines Referats gleich zweimal das Substantiv „Orientierung“ vorkommt, trägt weder der Veranstalter dieses Symposiums noch ich, sondern sie ergibt sich aus den Formulierungen des Textes, über den ich sprechen soll, eben die Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“, die im Juni 2013 unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ veröffentlicht wurde.

Beschluss der EKD-Synode zur Familienpolitik

Die Synode der EKD dankt der Ad-hoc-Kommission und dem Rat der EKD für die Darstellung der Herausforderungen von Familie heute in der Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“. Nach der Veröffentlichung der Schrift hat eine intensive theologische Debatte dazu stattgefunden. Dabei ist die wesentliche familienpolitische Akzentsetzung des Textes aus dem Blick geraten.

Patchwork ist doch keine Theologie!

Solchen Streit hatten die Autoren nicht erwartet. Da veröffentlicht die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein umfangreiches Papier zum hochaktuellen Thema Familienpolitik, eindeutig ein gesellschaftspolitisches Thema. Doch etliche Kritiker lesen es ganz gegen seine Intention, nämlich als theologisches Grundsatzpapier über Ehe und Familie.

Lebendig als Du: Die Orientierungshilfe und die Bibelwissenschaft

Familie ist vielfältig. Und der kirchliche Segen gilt verheirateten, unverheirateten, geschiedenen und homosexuellen Paaren, Patchworkfamilien - allen Menschen, die in verbindlichen Beziehungen zusammenleben, füreinander und für andere Verantwortung übernehmen. Er ist nicht auf die klassische heterosexuelle Ehe beschränkt. Denn das würde dem evangelischen Menschenbild widersprechen, das Menschen nicht auf biologische Merkmale, ihre Herkunft und ihr Geschlecht reduziert.

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