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Da das deutsche Privatrecht vor der Reichsgründung 1871 und der Rechtsvereinheitlichung im BGB wegen der verschiedenen Rechtsquellen und Rechtskreise sehr unübersichtlich war, hatte die Rechtswissenschaft  insbesondere im Familienrecht großen Einfluss auf die Rechtsentwicklung.  In Reaktion auf die durchaus frauenfreundlichen Bestimmungen des Preußischen Landrechts begründete sie die Lehre von der Ehe als Institution. Dies führte in Preußen um 1850 nicht nur zur Erschwerung der Ehescheidung, sondern auch zur Einschränkung der Eigentumsrechte von Ehefrauen, insbesondere aber zur Beschneidung der Rechtsansprüche nicht in der Ehe geborener Kinder und ihrer Mütter. Diese Regelungen fanden dann Eingang in die Ausgestaltung der familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das 1900 in Kraft trat (Gerhard 2007). Das Familienrecht in Deutschland ist bis hin zum besonderen Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes (GG) durch dieses Verständnis geprägt, in dem die Ehe - gemessen an der für die Rechtsentwicklung allgemein bezeichnenden Entwicklung vom Status zum Vertrag - für lange Zeit eine „Enklave ungleichen Rechts“ (Grimm 1987) war.

Debattenbeiträge zu diesem Kapitel

Ist die Ehe ein Auslaufmodell? Soziologische und theologische Überlegungen

Dass die EKD-Orientierungshilfe zur Familie eine solch intensive Debatte ausgelöst hat, wird man nur begrüßen können. Die kulturellen Wandlungen in Ehe und Familie in den letzten 60 Jahren sind immens. Beide Institutionen verstehen sich nicht mehr von selbst und bedürfen deshalb der Reflexion. Wenn ich die Reaktionen auf die Orientierungshilfe betrachte, wird deutlich, dass man idealtypisch zwei unterschiedliche Rezipientengruppen differenzieren kann.

Die theologische Orientierung der Orientierungshilfe

Die Verantwortung dafür, dass im Titel meines Referats gleich zweimal das Substantiv „Orientierung“ vorkommt, trägt weder der Veranstalter dieses Symposiums noch ich, sondern sie ergibt sich aus den Formulierungen des Textes, über den ich sprechen soll, eben die Orientierungshilfe des Rates der EKD zum Thema „Familie als verlässliche Gemeinschaft stärken“, die im Juni 2013 unter dem Titel „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“ veröffentlicht wurde.

Beschluss der EKD-Synode zur Familienpolitik

Die Synode der EKD dankt der Ad-hoc-Kommission und dem Rat der EKD für die Darstellung der Herausforderungen von Familie heute in der Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“. Nach der Veröffentlichung der Schrift hat eine intensive theologische Debatte dazu stattgefunden. Dabei ist die wesentliche familienpolitische Akzentsetzung des Textes aus dem Blick geraten.

Patchwork ist doch keine Theologie!

Solchen Streit hatten die Autoren nicht erwartet. Da veröffentlicht die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) ein umfangreiches Papier zum hochaktuellen Thema Familienpolitik, eindeutig ein gesellschaftspolitisches Thema. Doch etliche Kritiker lesen es ganz gegen seine Intention, nämlich als theologisches Grundsatzpapier über Ehe und Familie.

Lebendig als Du: Die Orientierungshilfe und die Bibelwissenschaft

Familie ist vielfältig. Und der kirchliche Segen gilt verheirateten, unverheirateten, geschiedenen und homosexuellen Paaren, Patchworkfamilien - allen Menschen, die in verbindlichen Beziehungen zusammenleben, füreinander und für andere Verantwortung übernehmen. Er ist nicht auf die klassische heterosexuelle Ehe beschränkt. Denn das würde dem evangelischen Menschenbild widersprechen, das Menschen nicht auf biologische Merkmale, ihre Herkunft und ihr Geschlecht reduziert.

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