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Da das deutsche Privatrecht vor der Reichsgründung 1871 und der Rechtsvereinheitlichung im BGB wegen der verschiedenen Rechtsquellen und Rechtskreise sehr unübersichtlich war, hatte die Rechtswissenschaft insbesondere im Familienrecht großen Einfluss auf die Rechtsentwicklung. In Reaktion auf die durchaus frauenfreundlichen Bestimmungen des Preußischen Landrechts begründete sie die Lehre von der Ehe als Institution. Dies führte in Preußen um 1850 nicht nur zur Erschwerung der Ehescheidung, sondern auch zur Einschränkung der Eigentumsrechte von Ehefrauen, insbesondere aber zur Beschneidung der Rechtsansprüche nicht in der Ehe geborener Kinder und ihrer Mütter. Diese Regelungen fanden dann Eingang in die Ausgestaltung der familienrechtlichen Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB), das 1900 in Kraft trat (Gerhard 2007). Das Familienrecht in Deutschland ist bis hin zum besonderen Schutz von Ehe und Familie in Art. 6 des Grundgesetzes (GG) durch dieses Verständnis geprägt, in dem die Ehe - gemessen an der für die Rechtsentwicklung allgemein bezeichnenden Entwicklung vom Status zum Vertrag - für lange Zeit eine „Enklave ungleichen Rechts“ (Grimm 1987) war.