Beschluss der EKD-Synode zur Familienpolitik
Die Synode der EKD dankt der Ad-hoc-Kommission und dem Rat der EKD für die Darstellung der Herausforderungen von Familie heute in der Orientierungshilfe „Zwischen Autonomie und Angewiesenheit“. Nach der Veröffentlichung der Schrift hat eine intensive theologische Debatte dazu stattgefunden. Dabei ist die wesentliche familienpolitische Akzentsetzung des Textes aus dem Blick geraten.
Die Orientierungshilfe deutet die Situation von Familien auf dem Hintergrund moderner Vorstellungen von Autonomie, Gleichheit und Gerechtigkeit, die die Modernisierungsprozesse bestimmen. Dabei werden die Werte Vertrauen, Verlässlichkeit und Fürsorge aus dem biblischen Zeugnis heraus entwickelt und in den Mittelpunkt gerückt.
Die Synode unterstreicht, dass Familienpolitik Sozialpolitik ist. Sie nimmt mit Besorgnis wahr, dass die Ressourcen für Sorgearbeit in unserer Gesellschaft schwinden, weil auf dem Hintergrund der Entwicklung von Freiheit und Würde jedes und jeder Einzelnen die wechselseitige Angewiesenheit aller unterschätzt wurde.
"Es bleibt wesentlich, ein Klima zu schaffen, in dem die unbezahlte und unter bestimmten Aspekten auch unbezahlbare private Sorgearbeit gesellschaftlich honoriert und die professionelle Arbeit [...] angemessen entlohnt wird"
Grundgedanke einer evangelisch ausgerichteten Förderung von Familien, Ehen und Lebenspartnerschaften muss deshalb die konsequente Stärkung aller fürsorglichen Beziehungen sein. Wo Menschen auf Dauer und im Zusammenhang der Generationen Verantwortung füreinander übernehmen, sollten sie - unabhängig von der Form, in der sie Familie leben - Unterstützung in Kirchengemeinden und diakonischen Einrichtungen finden - mit praktischen Hilfen, mit seelsorglichen, gottesdienstlichen und diakonischen Angeboten.
Kirche als Gemeinde kann den anstehenden Herausforderungen nur gerecht werden, wenn sie mit Kirche als Diakonie zusammenarbeitet, Familienbildung und Beratung, Erziehungs- und Pflegedienste ernst nimmt und fördert und gemeindliche wie diakonische Angebote an den Schwellen, Knoten- und Krisenpunkten des Lebens verknüpft. Darüber hinaus müssen sich Kirche und Diakonie aber noch stärker in die Zivilgesellschaft einbringen und ihr kommunal- und sozialpolitisches Mandat bewusst wahrnehmen.
Familien stehen in Liebe und Verbundenheit füreinander ein und begleiten einander über die Generationen. Sie erfahren aber auch Krisen und Überforderungssituationen, in denen sie auf Solidarität und Unterstützung angewiesen sind. Es bleibt wesentlich, ein Klima zu schaffen, in dem die unbezahlte und unter bestimmten Aspekten auch unbezahlbare private Sorgearbeit gesellschaftlich honoriert und die professionelle Arbeit in Erziehung, Bildung und Pflege angemessen entlohnt wird.
Die EKD-Synode unterstreicht daher die sozial- und familienpolitischen Forderungen, die damit in Zusammenhang stehen:
- Vereinbarkeit von Erziehungs- und Pflegeaufgaben mit beruflichem Einsatz
- Stärkung von Maßnahmen gegen die „Teilzeitfalle“, Beseitigung von Aufstiegshemmnissen für Frauen,
- Beendigung der Entgeltnachteile in „Frauen- und Sorgeberufen“
- Flexiblere Gestaltung der Biographien zwischen Bildung, Berufs-, Familien- und Pflegezeiten und entsprechende Anpassung des Steuer- und Sozialversicherungsrechts
- Qualitativer Ausbau der Tageseinrichtungen zu Bildungs- und Familienzentren
- Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Familien, Tageseinrichtungen und Schulen
- Stärkung der Quartiers- und Gemeinwesenentwicklung im Blick auf Familien, Kinder, ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen
- Förderung und Qualifizierung zivilgesellschaftlicher Initiativen und ehrenamtlichen Engagements.
Düsseldorf, den 13. November 2013
Die Präses der Synode
der Evangelischen Kirche in Deutschland
Dr. Irmgard Schwaetzer
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